
Das Interview
In meiner Familie gilt: Du musst es zu etwas bringen. Ich kann mich zurücklehnen, denn ich habe es weit gebracht. Wenn ich aus dem Fenster vor meinem Schreibtisch schaue, blicke ich direkt auf den See und mein Segelboot. Zu Fuss bin ich in einer Minute beim Bootshaus und in rund 20 Minuten abfahrbereit.

Im Tunnel
"Kennst du diese Kurzgeschichte, ich weiss gerade nicht von wem, in der ein Zug in einen Tunnel fährt und nicht mehr heraus kommt?"
"Sagt mir nichts. Was passiert denn?"

Wortklauberei
Die Buchstaben verschwammen vor ihren Augen. Cornelia starrte in den Bildschirm ihres Laptops und richtete dabei den Blick in die Ferne, als entstünden so neue Bilder wie in den Magic-Eye-Büchern aus den 90er-Jahren.

Beim Meditieren
Renate öffnete ein Auge. Zumindest zur Hälfte. Das Licht drang hell durch die grossen Fenster und zeichnete längliche Streifen auf den hellbraunen Parkettboden. Es war still im Raum, alle schienen versunken in ihre Tätigkeit. Also ihrem Nichtstun, präzisierte Renate in Gedanken. Morgenmeditation stand auf dem Programm. Eine ganze Stunde.

Herbst
Von einem Tag auf den anderen stand er vor der Tür, wie ein ungebetener Gast, dessen eindringliches Klopfen man am liebsten ignorieren würde. Der Herbst streckte seine klammen Finger aus, fuhr durch Kleidung und Haare und bedeckte Gesichter mit Nieselregen.

Bei der Post
Beinahe wäre Karin umgedreht. Sie zögerte kurz, dann stellte sie sich an das Ende der Schlange, die bis hinaus auf die Strasse reichte. Montagabend war nicht der ideale Zeitpunkt, um die Poststelle aufzusuchen. Doch leider musste das Paket heute noch aufgegeben werden. Sonst käme es zu spät an.

Am See
"Holen wir uns ein Eis?"
"Okay."
"Schau mal, da vorne ist Kathy."
"Hä?"
"Die aus der Parallelklasse. Sie ist mit Susa und Verena da."
"Ach die."

Vom Beobachten des Beobachters
Manfred liebt es, andere Menschen zu beobachten. Besonders gerne tut er es im Freibad. Hinter seiner dunklen Sonnenbrille und unter dem Strohhut auf seinem fast kahlen Kopf kann er seine Blicke ungeniert schweifen lassen. Der Muskelprotz ist wieder da, wie er befriedigt feststellt; er hat das kurze Ende des Beckens zu seiner Bühne gewählt und stolziert dort auf und ab.

Das Unwetter
Schon am Nachmittag ahnte ich, dass sich etwas zusammenbraute. Der Himmel war noch blau, die Wölkchen unaufgeregt. Wenig später wurde es so dunkel, dass mein Mensch das Licht im Wohnzimmer anknipste. Ich war zu dem Zeitpunkt bereits auf dem Weg nach draussen.

Sommerpause
Die Montagsgeschichten verabschieden sich in die Sommerpause - bis bald wieder!

Ferien
Urlaub
ist Alltag
unter erschwerten Bedingungen.
Erholung? Entspannung? Vergiss es!
Familienzeit.

Alptraum
Die Wolken türmen sich zu Hochhäusern, fliessen auseinander, stapeln sich erneut. Eine Aussicht wie aus einem der Flugzeuge, die manchmal weit oben am Himmel temporär Linien ziehen. Nic legt den Kopf in den Nacken und blickt über sich. Wolken, Nebel, hier und da milchige Stellen.