Als die Psychoanalytikerin Siglinde Freudig während einer Sitzung feststellte, dass ihr Klient einen offenen Hosenschlitz hatte, wurde sie unsicher. Sollte sie ihn dezent darauf hinweisen? Sie schloss für eine Moment die Augen und stellte sich einen Teller Buchstabensuppe vor. Vor dem inneren Auge legte sie das Alphabet am Tellerrand, das hatte sie bereits als Kind beruhigt. Währenddessen sprach ihr Klient ungerührt weiter. Gerade schilderte er seine ein Jahr zurückliegende Operation, bei der ihm eine Hüftprothese eingesetzt worden war. Diese hatte bei ihm ein kleines Trauma ausgelöst. Denn: Das Material löste sich in seinem Körper auf. Er enervierte sich und fragte rhetorisch, ob die Chirurgen das künstliche Gelenk wohl an einer Tombola gewonnen hätten. «Ihr Hosenschlitz ist offen», unterbrach sie seinen Redefluss. Der Mann blickte an sich herab, errötete, verliess fluchtartig das Zimmer und schlug die Türe hinter sich zu.